Das Erbe unserer „Minderen“

4 Mai 1999

Konzertbericht des Stadtteils Borgo Gemona in Udine

Die Besucherzahl in der Kirche Borgo Gemona verdoppelte sich beim letzten Konzert des Orgelfestivals, das von der Gemeinde organisiert wurde. Wir freuen uns auch, weil das Plakat, neben dem Mut zur thematischen Wahl (die italienische Orgelschule) keine auffälligen Namen bei den Interpreten präsentiert, die beispielsweise einen Werbeauftakt für die Veranstaltung bildeten, als Garant zum vollen Erfolg. Drei Organisten: Roberto De Nicolò aus Friuli und Pietro Pasquini aus Cremona, sehr gut, und am Ende Giorgio Parolini aus Mailand, der jüngste, aber nicht weniger verdient. Auch er, wie die ersten beiden, ging nach nicht nur uns unbekannten Autoren „fischen“, die ein großes Interesse signalisierten: sowohl um sie, nach wer weiß wie langem Schweigen, endlich kennenzulernen, und weil, obwohl „minder“, haben gezeigt, wie viele unserer Orgelkomponisten der Barockzeit ein wertvolles Erbe darstellen.
Die Leichtigkeit und das Selbstvertrauen von Parolini waren beeindruckend. Er fing sehr gut mit Frescobaldi an (besonders im großartigen Canzona Quarta); eine prächtige Einführung, um zum wohlbekannten… Zirpen des „Kuckuck“ überzugehen, dem sehr berühmten Scherzo von Bernardo Pasquini, das mit gemessenem und angenehmem Einsatz schöner Register vorgetragen wird. Dann die Weisheit des großen Padre Martini, dem ein feierliches Grave dargebracht wurde, aber noch mehr die köstliche und bekannte Sonata sui Flauti, spielte er mit Zuversicht. Hier sind die beiden guten „illustrischen Fremden“, der Kapuzinerpater Narciso da Milano und Cosimo Casini aus Pistoia. Bach durfte nicht fehlen: wieder das Concerto da Vivaldi in a-Moll und die Fuge in h-Moll über ein Corelli-Thema: zwei Meisterwerke, zwei Interpretationen, die mit Zeit und Erfahrung Parolini noch mehr Anerkennung verschaffen werden. Zwei Stücke von Bossi, ein mystisches Ave Maria Op.104 No. 1 und ein weniger wirkungsvoller Entrée Pontificale Op.104 No. 2. Schließlich noch zwei Paraphrasen zu ebenso vielen gregorianischen Themen eines Zeitgenossen, des jungen Mailänder Eugenio Maria Fagiani: wenig überzeugend. Er, Giorgio Parolini, überzeugte stattdessen ein aufmerksames und applaudierendes Publikum.
An dieser Stelle sei an die richtige Initiative der Gemeinde erinnert, an der Orgel der neuen Kirche eine Tafel zum Gedenken an die großzügige Wohltäterin Milena Paolini anzubringen.

Battista Sburlino (“Il Gazzettino”, 04/05/1999)