Giorgio Parolini gibt Konzert im Zeichen Italiens

16 August 2017

Giorgio Parolini wird beim Überlinger Orgelsommer dem Ruf italienischer Organisten in Überlingen gerecht.

Sie gehören meist keiner bestimmten Schule an, ihr Orgelspiel ist nicht von Bach oder Reger oder gar der französischen Schule geprägt, sie spielen freier und virtuoser. Seit dem fast schon legendären Konzert vergangenes Jahr beim Orgelsommer eilt den italienischen Organisten auch in Überlingen ein besonderer Ruf voraus. Dem wurde der Italiener Giorgio Parolini beim dritten Konzert des Orgelsommers gerecht: Als an der Nikolausorgel die ersten Töne von Bachs C-Dur Toccata erklangen (BMW 564), war klar, dass auch Parolini in diese Richtung tendiert.
Mit dem improvisationsartigen Beginn der Toccata und dem wiederholten Unterbrechen mit dem tiefsten Pedalton hat Parolini sich eines der virtuosesten Stücke von Bach herausgesucht. Doch selbst das Adagio wirkte unter Parolini offener. Dass Bach sich bei der Komposition der C-Dur-Toccata vom italienischen Concerto-Stil inspirieren ließ, war sicherlich ein weiterer Grund für Parolini, gerade dieses Stück zu spielen.

Schon zuvor hatte er an der Marienorgel zwei hier eher unbekannte italienische Meister präsentiert: Girolamo Frescobaldi war einst Organist am Petersdom in Rom, Bach hatte zu Lebzeiten seine Werke geschätzt. Daher war es ein spannender Ansatz, Bachs C-Dur-Toccata eine Toccata von Frescobaldi gegenüber zu stellen. Und mit dem Largo f-Moll/Toccata per il Deo Gratias des Musiktheoretikers Giovanni Battista Martini unterstrich Parolini einmal mehr seine freie Virtuosität. Das gilt ebenso für das an der Nikolausorgel gespielte Thema und Variationen op. 115 des ebenfalls hier eher unbekannten Italieners Marco Enrico Bossi.

Mit der Auswahl der 1926 entstandenen Fantasie Claire de lune des Franzosen Louis Vierne bewies Parolini ein glückliches Händchen: Vierne braucht den weichen Klang der Nikolausorgel. Eine weitere Toccata des zeitgenössischen Komponisten Hans-André Stamm erklang zum Abschluss, ehe Parolini nach viel und langem Applaus eine deutsch-italienische Zugabe spielte: ein Konzert Bachs (BWV 596), das Antonio Vivaldis berühmten L’Estro Armonico entstammt.

Dieter Leder (“Südkurier”, 16/08/2017)