Auf der Orgel brilliert
11 Oktober 2003
Giorgio Parolini Gast beim Dom-Orgelzyklus
Eine durchaus eigenwillige, den musikalischen Höhepunkt nicht wie vielleicht zu erwarten ans Ende stellende Reihenfolge prägte das Orgelkonzert von Giorgio Parolini.
Denn der Mailänder Solist setzte Präludium und Fuge über B.A.C.H., Franz Liszts meisterhaftes Orgelwerk, zwischen ein starkes Stück von Cesar Franck und wirkungsvolles, aber nicht wirklich erstrangiges unbekannter Tonsetzer.
Verblüffende Dramaturgie, gerechtfertigt von höchster spieltechnischer Kompetenz des italienischen Interpreten. Was er auch anpackte, unter seinen Fingern nahm es musikalisch unverwechselbare Gestalt an. Auch wenn man diskutieren darf, ob es nicht anders dargeboten stilistisch prägnanter geklungen hätte.
Beispiel Johann Sebastian Bach: Toccata, Adagio und Fuge BWV 564 ging Parolini mit großer Geste an, fand im Aadagio zu intimer, oberstimmenbetonter Satzgestaltung und ließ die Fuge mit Hang zu Bombastik ertönen. Eine konsequente und nachvollziehbare Deutung; und doch wünscht man sich eine Fuge von Bach mit mehr Durchsicht gespielt. Bestechend andererseits die nicht nachlassende Spannung des Werkes.
Diese zeichnete auch andere Wiedergaben aus. Eine d-moll- Ciacona von Johann Pachelbel kam farbenfroh und lieblich von der Kuhn-Ogel herab, Prelude, Fugue et Variation von Cesar Franck waren genau mit der französischer Musik eigenen Leichtigkeit gespielt, die diese zum unvergleichlichen Erlebnis werden lässt.
Mit Präludium und Fuge über B.A.C.H. von Franz Liszt krönte Giorgio Parolini seinen Konzertabend. Überfallartige instrumentale Attacke, zugleich die Fähigkeit, im Tosen und Widerstreiten der Kräfte den Überblick für das Ganze zu behalten, zeichneten den Mann an der Domorgel,aus. Anschließend wurden die bei Liszt hochschäumenden Wogen geglättet.
Erst mit einem Andantino von Denis Bedard, dem man angesichts romantischer Themenerfindung selten seine Herkunft aus jüngerer Zeit anmerkte, dann mit zwei Werken des Italieners Marco Enrico Bossi. Musik, die ankommt, aber nicht gefangen nimmt, tönte durch das Kirchenschiff. Parolini setzte sich mit Eifer für sie ein. Und ein „Trumpet Tune“ von David Johnson bekam das Publikum als Zugabe serviert.
Udo Stephan Köhne „Mindener Tageblatt”, 11. Oktober 2003