Aus dem Vollen geschöpft

29 August 2008

Sommerorgelkonzert: Giorgio Parolini aus Mailand spielt in der Darmstädter Pauluskirche

Vom Barock bis zur Moderne führte das Programm, mit dem der italienische Organist Giorgio Parolini beim Orgelsommer in der Darmstädter Pauluskirche gastierte. Schon der Beginn mit Buxtehudes d-Moll-Passacaglia machte deutlich, dass Parolini, der in Mailand als Organist und Dozent wirkt, die kräftigen, leuchtenden Registerfarben liebt. Dabei gelang es ihm, die strenge Struktur des Werkes klar zu vermitteln. Dies gilt auch für die Wiedergabe zweier kurzer Choralvorspiele Buxtehudes.
Parolini schloss zwei der meistgespielten Orgelwerke von Bach an: das Choralvorspiel über „Wachet auf, ruft uns die Stimme“ (BWV 645) sowie Präludium und Fuge D-Dur (BWV 532). Dabei schöpfte er gleichsam aus dem Vollen, wenn er Virtuosität mit kraftvollem Spiel verband. Allerdings gingen die kühnen harmonischen Fortschreitungen im Adagio, mit dem das Präludium endet, ein wenig im Klangrausch unter.
Der Choral Nr. 2 h-Moll von César Franck erschien in Parolinis Interpretation fast wie eine sinfonische Dichtung dank der charakteristischen Beleuchtung, in die er die wechselnden Erscheinungsformen des von Franck selbst erfundenen Chorals tauchte.
Von Messiaen spielte der Organist die Vision „Joie et clarté des Corps Glorieux“ (Freude und Glanz der verklärten Leiber) aus dem Zyklus „Les Corps Glorieux“, der dem Thema der Auferstehung gewidmet ist. Die bildhaften Abschnitte waren prägnant voneinander abgesetzt.
Anschließend machte Parolini auf den amerikanischen Komponisten Bernard Wayne Sanders aufmerksam, der seit 1994 als Kirchenmusiker in Tuttlingen wirkt. Von ihm waren eine „Aria“ und ein Choralvorspiel über „Rendez à Dieu“ zu hören – eingängige Stücke, die abseits modernistischer Töne in Melodik und Harmonik schlicht gehalten sind.
Mit Regers Toccata d-Moll und Fuge D-Dur aus opus 59 setzte Parolini einen markanten Schlusspunkt. Es gelang ihm, die improvisatorisch wirkende Toccata unter einen großen Spannungsbogen zu bringen und die Fuge vom zarten Beginn bis zum hymnischen Ende zielstrebig und eindrucksvoll zu steigern. Auf den anhaltenden Beifall der Zuhörer antwortete er mit einer spielerischen Zugabe.

Klaus Trapp („Darmstaedter Echo“, 29/08/2008)